Klavier | Blechblasinstrumente | |
Akkordeon | Holzblasinstrumente | |
Melodicas | Schlagzeug und Perkussionsinstrumente | |
Keyboard | Streichinstrumente | |
Orgel | Zupfinstrumente | |
Bezugsquellen |
Klavier und E-Piano: Beim Klavierspielen führen beide Hände die gleiche Bewegungsart aus – den Anschlag der Tasten mit allen zehn Fingern. Dennoch haben die Hände unterschiedliche Aufgaben: Die rechte Hand erfüllt, zumindest im gängigen Unterrichts- und Konzertrepertoire, die melodische Führungsrolle in der höheren Lage, während die linke Hand, vereinfacht gesagt, die Begleitstimme und den Bass übernimmt. Das Klavier ist somit ein „Rechtshänderinstrument“, weil es hinsichtlich Spieltechnik und emotionalem Ausdruck an die rechte Hand die höheren Anforderungen stellt.
Linkshändige Kinder im Anfangsunterricht auf dem Klavier tun sich häufig schwer mit gängigen Klavierschulen, die die rechte Hand im Melodiespiel ausbilden und der linken Hand die (akkordische) Begleitung zukommen lassen. Es sollte in jedem Falle methodisch auf die Linkshändigkeit eingegangen werden.
Fortgeschrittenere sowie professionelle Pianist*innen können aus der Klavierliteratur eher Stücke und Stilrichtungen wählen, die ihrer Handdominanz entgegenkommen. So gibt es Kompositionen, bei denen die linke Hand die führende Rolle hat (wie z.B. beim Boogie und Blues) oder bei denen beide Hände gleichberechtigt am melodischen Geschehen beteiligt sind (wie in der Klaviermusik J.S. Bachs).
Es gibt auch eine umfangreiche Klavierliteratur für die linke Hand allein, von der Linkshänder*innen profitieren können. Diese wurde ursprünglich für Pianisten komponiert, die ihren rechten Arm verletzt oder verloren hatten. So gab z.B. der österreichische Pianist Paul Wittgenstein, der im ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verlor, zahlreiche Stücke für die linke Hand bei zeitgenössischen Komponisten in Auftrag.
Einige linkshändige Pianisten und Pianistinnen spielen auf einem gespiegelten Instrument, bei dem sich die hohen Töne auf der linken, die tiefen Töne auf der rechten Seite befinden. Pioniere in dieser Spielweise sind der britische Pianist und Lehrer Christopher Seed und der Trierer Pianist und Pädagoge Geza Loso. Seed ließ sich einen Hammerflügel, ein Instrument von 1826, spiegelbildlich nachbauen. Loso beauftragte die Firma Blüthner in Leipzig mit dem Bau des ersten Linkshänderkonzertflügels. Letzterer hat auch Literatur für linkshändiges Spiel, also eine gespiegelte Notation, erarbeitet. Beide Musiker berichten, dass sie sich auf einem Linkshänderinstrument viel besser musikalisch verwirklichen können.
Auch weitere linkshändige professionelle Pianist*innen sowie Amateurpianist*innen praktizieren das Musizieren auf elektronischen Pianos, bei denen die Tastenbelegung gespiegelt ist. Sie empfinden diese Spielweise für sich als wesentlich passender und stimmiger als die „normale“ Spielweise, denn so kann ihre dominante linke Hand in der höheren Lage die musikalische Führungsrolle übernehmen. Auch beim Unterrichten können linkshändige Pianist*innen diese positiven Erfahrungen bereits überzeugend linkshändigen Schüler*innen (Kindern und Jugendlichen) vermitteln. Die gängige Notation zu lesen und auf das Instrument zu übertragen, d.h. mit der linken Hand die obere und mit der rechten die untere Notenzeile jeweils gespiegelt zu spielen, scheint für die meisten Linkshänder*innen kein Problem zu sein.
Was das passende Instrument betrifft, so gibt es zumindest für E-Pianos preisgünstige Lösungen. Ein sogenannter Keyboard-Mirror kann an jedes gängige E-Piano angeschlossen werden und spiegelt die Tastenbelegung. Ein solcher ist auf Anfrage erhältlich: Keyboard.mirror.project@gmail.com.
Von der Leipziger Firma Blüthner gibt es ein qualitativ hochwertiges Digitalpiano, das auf „Linkshändermodus“ umgeschaltet werden kann (Pro88Ex) – es ist derzeit das einzige Piano mit einem integrierten Tastenspiegel auf dem Markt.
Für konzertierende klassische Pianist*innen bleibt bis auf Weiteres leider das Problem der fehlenden Verfügbarkeit eines Linkshänderflügels in Konzertsälen und auf Podien. (Arnoldussen, Händigkeit und Instrument, 2020, S. 150 ff.)
Die zeitweise sehr beliebten Melodicas für Kinder, hergestellt von der Firma Hohner, sind „Flöten“ mit Klaviertastatur an der rechten Seite. Für Linkshänder kann man die Handhabung dieser Melodica-Pianos entweder in der Art erleichtern, indem man das Instrument einfach umdreht und mittels des Anblasschlauches (sollte er lang genug dazu sein) mit der linken Hand spielt oder dadurch, dass das Instrument auf den Tisch gelegt wird. Dann ist es gleichgültig, mit welcher Hand gespielt wird. Schwierig wird es jedoch für Linkshänder*innen bei anderen Melodica-Modellen und den Clarinas, die mittels Mundstück geblasen werden und somit keine Umstellung durch den Gebrauch eines Schlauches ermöglichen. (Sattler, Das linkshändige Kind in der Grundschule, 2010, 16. Aufl., S. 63 f.)
Weitere Tasteninstrumente sind Akkordeon und Harmonika, bei denen man ebenfalls von Rechtshänderinstrumenten sprechen kann, weil die Aufgabenverteilung der beiden Hände so gestaltet ist, dass die rechte Hand die Melodie (auf Tasten bzw. auf Knöpfen) und die linke Hand die Begleitung im Bass (auf Knöpfen) spielt. Manche linkshändige Akkordeonspieler*innen scheinen es als angenehm zu empfinden, das Spiel über die linke Seite führen zu können, da der linke Arm zusätzlich zum Spielen der Töne noch die Funktion der Luftregulation mit dem Balg erfüllen muss (Arnoldussen, Händigkeit und Instrument, 2020, S. 86).
Einige Linkshänder*innen halten Akkordeon oder Harmonika allerdings lieber umgekehrt, um mit ihrer dominanten Hand die Melodie spielen zu können. Prinzipiell lassen sich Akkordeons und Harmonikas auch ohne größere Umbaumaßnahmen andersherum halten und spielen, allerdings sind dann sowohl Tasten als auch Knöpfe in gespiegelter Anordnung, die tiefen Töne liegen „unten“. Linkshänder*innen bräuchten Sonderanfertigungen. Bisher bietet die Firma Harmonika Schmidt aus Österreich eine Steirische Harmonika für Linkshänder an.
Auch bei der Orgel sind die Tasten (und Pedale) so angelegt wie beim Klavier – die tiefen Töne links, die hohen Töne rechts. Eine Orgel lässt sich nicht umbauen, jedoch haben Organist*innen mehr Möglichkeiten der individuellen Gewichtung von dominanter und nicht dominanter Hand. Ein Großteil der Orgelliteratur – man denke nur an Bachs Präludien und Fugen oder seine Choralvorspiele für zwei Manuale und Pedal – trägt dem gleichwertigen Anteil der Stimmen und damit der Hände am musikalischen Geschehen Rechnung. Durch die räumliche Trennung der Ebenen, wie sie an Orgeln mit mehreren Manualen möglich ist, können Spieler*innen ihr Körpergefühl möglicherweise leichter ausbalancieren – auch in Kombination mit dem Pedalspiel – sodass die Handdominanz nicht mehr so stark zum Tragen kommt. (Arnoldussen, Händigkeit und Instrument, 2020, S. 86)