Walter Mengler: Musizieren mit links. Linkshändiges Instrumentalspiel in Theorie und Praxis

Im praktischen Alltag stoßen Linkshänder beim Musizieren immer wieder auf Widerstand in unserer rechtshändig orientierten Gesellschaft. Für Eltern linkshändiger Kinder, die ein Musikinstrument spielen wollen, ergeben sich vielfältige Fragen: Gibt es spezielle Linkshänderinstrumente? Sind diese notwendig und sinnvoll? Gibt es Lehrer, die das Spielen linkshandgerecht unterrichten können?

Fachleute argumentieren gegenüber Eltern, dass bei den meisten Musikinstrumenten beide Hände benutzt würden und deshalb die Handhabung gleichgültig sei. Es wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass ein linkshändiges Kind das Musikinstrument wie ein Rechtshänder handhaben könne, ohne dass sich Probleme dabei ergäben. Grundsätzlich gilt auch beim Umgang mit Musikinstrumenten, dass die dominante Hand die musikalisch anspruchsvollere Tätigkeit ausführen sollte. Es gibt für viele andere Musikinstrumente Linkshändermodelle oder Möglichkeiten, das Instrument umzubauen. In modernen Schlagzeugschulen z.B. wird mittlerweile häufiger auf das linkshändige Spielen eingegangen und für den erforderlichen Drumsetaufbau gesorgt. Selbst die Querflöte ist nun als Linkshändermodell erhältlich.

Gegen das linkshändige Musizieren wird oft wie folgt argumentiert: Kinder beginnen in der Regel im Grundschulalter ein Instrument zu spielen und da die Dauer und das Interesse noch unklar seien, sollten sie doch einfach zuerst einmal beginnen und ausprobieren, ob an diesem Instrument dauerhaft Interesse besteht und das Kind eine Begabung zeigt. Ein höchst bedenklicher Vorschlag, wenn man sich bewusst macht, wie schnell sich Automatisierungen durch Übung festlegen, was bei linkshändigen Kindern zur vorsätzlichen Umschulung führt. Walter Mengler, Cellist am Aachener Philharmonieorchester, widerspricht entschieden dieser Aussage und führt an, dass gerade dann linkshändige Kinder weniger Interesse am Musizieren und Spielen eines Instruments entwickeln können, weil sie es von Anfang an als anstrengend empfinden (Mengler, 2010).

Für Linkshänder, die ein Linkshänderinstrument spielen und in einem Orchester tätig werden möchten, gibt es nicht nur Platzprobleme, die das Musizieren erschweren, sondern leider auch immer noch Akzeptanzprobleme, weil diese Art des Musizierens die einheitliche Optik des Orchesters störe. Wie realistisch diese Überlegungen tatsächlich sind, muss sich noch erweisen.

(Diese Seite wird aus Vasterling, Weiland, Sattler, Linke Hand – Rechte Hand, Schulz-Kirchner Verlag, 2011, Seite 60-62, zitiert.)