Rückschulung der Händigkeit auf die dominante linke Hand zum Schreiben
Melanie Zähle wurde 1973 als Linkshänderin geboren und in der Grundschule von der Lehrerin mit körperlicher Gewalt auf das Schreiben mit der rechten Hand umgeschult.
Ihre Mutter erinnert sich noch heute daran, dass sie oft zur Lehrerin gehen musste, weil das kleine Mädchen zu Hause weinte und erzählte, dass die Lehrerin, sie wieder an den Haaren gezogen habe und sie in der Ecke stehen musste, um sich zu schämen, weil sie die falsche Hand zum Schreiben und Malen benutzt hatte.
Melanie malte schon im Kindergarten sehr gern, aber irgendwann in der Schulzeit hat sie dann mit dem Malen aufgehört, weil sie nicht mehr ihre Ideen so darstellen konnte, wie zuvor.
Bald begannen dann auch Schulprobleme mit Blackouts, Konzentrationsschwierigkeiten und schlechter Schrift. Dafür wurde das Kind dann wieder mit schlechten Noten und Schimpfen durch die Lehrerin bestraft, die meinte, Melanie solle sich mehr bemühen.
2014 hat sie eine Kunsttherapie gemacht und es hat die inzwischen Erwachsene sehr berührt, eine andere Linkshänderin zu sehen, die links malte und schrieb. Schließlich hat sie beschlossen, wieder mit ihrer linken Hand schreiben zu wollen und ist dazu in die Beratungsstelle für Linkshänder in München gekommen.
Nach einer ausführlichen Händigkeitsabklärung, Anamnese und Beratung wurde im März 2015 mit der Rückschulung begonnen.
Das Rückschulungsprogramm über zwei Jahre umfasste tägliche Nachspurübungen und Schwungübungen, Training der Hand- und Fingermotorik, sowie Buchstabenanbindungen und Schreibübungen. Regelmäßig wurden die „Hausaufgaben“ angesehen, besprochen und auf die lockere Schreibhaltung geachtet. Die Entwicklung der Schreibbewegungen wurde bei jedem Besuch durch eine Untersuchung mittels eines graphischen Tabletts und eines Computerprogramms untersucht.
Abb. In der Grafik wird die Steigerung der Schreibgeschwindigkeit der linken Hand innerhalb von zwei Jahren bei einer erwachsenen umgeschulten Linkshänderin dargestellt. Der rote Stern markiert die Schreibgeschwindigkeit der rechten, bisherigen Schreibhand vor Beginn der Rückschulung.
Im Laufe des Rückschulungsprozesses hat sich bei Melanie Zähle das Sprachverständnis besonders für die englische Sprache, immens verbessert. Vor der Rückschulung empfand Frau Zähle eine innere Zerrissenheit. Inzwischen ruht sie in sich selbst und hat den Eindruck, zu ihrem wahren Wesen gekommen zu sein.
Im Rahmen ihrer Persönlichkeitsentwicklung hatte sie auch den starken Wunsch zu einer beruflichen Veränderung. Frau Zähle begann im September 2017 mit einem berufsbegleitenden Studium der Sozialen Arbeit. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits fähig, Mitschriften in Vorlesungen, Klausuren und die schriftlichen Nachbereitung zu Hause mit der linken Hand problemlos zu bewältigen. Seitdem unterschreibt sie auch alle offiziellen Dokumente mit der linken Hand und hat sich einen neuen Personalausweis ausstellen lassen.
Interessant an der Geschichte ist, dass Melanie Zähle gleichzeitig mit ihrer Tochter das gleiche Studium an der gleichen Hochschule begann. Dazu gibt es inzwischen sogar mehrere Berichte: einen auf der Homepage der FOM und einen im UniSpiegel.
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